Erwartungshaltung oder unterkühlte Stimmung in der Eishöhle…

Letzten Montag war es soweit, wir haben es geschafft endlich die Eisriesenwelt in Werfen zu erkunden. Jedes Mal, wenn ich Lust darauf hatte, war das Teil entweder geschlossen weil zu Winter, geschlossen weil zu Sommer oder geschlossen weil zu zu. Der Ausflug mit Schaatz begann hervorragend. Wir wurden von den Parkplatzeinweiserjungs bis knapp vor den Eingang des Höhleninfocenters geleitet (und das obwohl die Hö(h)(l)le los war). Ausgestiegen, Zigarette an, den Blick schweifen lassen… Der Bau, der sich vor uns auftat, versprach Großes, das da kommen möge. Tickets gekauft, kurze Wanderung zur Bergbahn (warum musste ich diese scheiß Fluppe rauchen *keuchächzröchel*), rauf auf 1.000irgendwas Meter, weiterwandern *sterbenwievorher*.

Wir stehen also nach einer gefühlten 2 Stunden Wanderung (eigentlich waren es 15 Minuten), am Eingang der Höhle. Die Stimmung: Mystisch, geheimnisvoll… Das lag nicht am Bergmassiv, nicht an einem aufwändig gestalteten Entree, sondern an den Massen von Menschen, die sich davor tummelten und durch den Aufstieg so aufgeheizt waren, dass der dampfende Schweiß durch die Kälte der Höhle kondensierte uns sich als zart ‚duftender‘ Nebel manifestierte. – Lecker…

Ein sympathischer Guide nimmt uns in seine Obhut und warnt uns vor tieffliegenden Kindern, die einem beim Öffnen des Eingangsportals um die Ohren sausen könnten, sollten diese nicht ausreichend an den Eltern gesichert sein (Der Grund: Starke Zugluft, die aus der Höhle nach außen tritt). Ich hoffe, dass ein Rabenelternteil sein Kind nicht festhält und ich wirklich in den Genuss eines Flugbalges komme… nix… schade… Ein Teil der 40männigen/frauigen Gruppe bekommt schicke Grubenlampen im Retrostil und so watscheln wir brav in Reih und Glied in das Innere…

„Hmm… dunkel is…“ denk ich mir, als wir die ersten Meter gewandert sind… „Das wird spektakulär, wenn die Beleuchtung angeht, epochale Musik ertönt und das Eis in seiner ganzen Pracht zu glitzern, funkeln und strahlen beginnt!“ In meinem Kopf spielen sich dramatische Szenen ab: Ich bekomme keine Luft mehr ob des Anblicks dieser gigantischen Funkelmassen, meine Gänsehaut steigert sich ins Unermessliche, mir stehen die Tränen in den Augen, ich werfe mich an Schaatz, halte ihn fest, bin ergriffen, begeistert und vollkommen fertig, weil‘s so schön sein wird!…

Der Guide entzündet einen Magnesiumstreifen und sagt: „Das wird kein Spaziergang, wir haben 8,5 Millionen Stufen (grobe Schätzung meinerseits) vor uns. Wir machen ca. alle 5-10 Minuten eine Pause.“ Und geht los…

Nach den ersten 850.000 Stufen, während deren Erklimmen ich damit beschäftigt war, nicht zu stolpern (weil finster), meinem Vordermann nicht auf die Füße zu treten (weil sonst stolpern) und meine Luftreserven so einzuteilen, dass Punkt 1 und 2 aufgrund von aeronaler Unterversorgung des Gehirns nicht doch noch passieren, bleibt die Gruppe stehen. Wir befinden uns mitten in einer riesigen Eiswand, stehen vor dem ersten Eisstalaktiten. Das erfahre ich vom Guide, weil‘s immer noch recht finster ist. „Gleich geht’s los!“ denk ich mir. „Wir stehen genau an der richtigen Position, damit wir von der Eispracht von allen Seiten eingehüllt werden!“ Der Guide redet… erzählt uns was über die Höhle… Und redet weiter… und weiter… UND GEHT DANN WEITER!!! Im Dunkeln… Keine Andi-Heller-Effektbeleuchtung, keine Inszenierung, keine Musik, nur das Keuchen und Stöhnen der Gruppe beim weiteren Aufmarsch… Eine stille Prozession, unterbrochen von kurzen Infos unseres Guides und dem Licht der Grubenlampen und des Magnesiumfeuers… Ich bin enttäuscht… Tief enttäuscht… Nicht nur, dass ich vom Eis nicht wirklich was sehe, die permanente Aufmerksamkeit auf die Stufen, die wir nach oben !rennen!, macht es auch schwierig irgendwas von der Höhle mitzubekommen. Nach etwas über einer Stunde sind wir wieder am Eingangspunkt angekommen. Mein Knie schmerzt, ich bin frustriert…

Ich habe mir etwas Anderes erwartet… Ich habe mir etwas Großartiges erwartet… Ich habe großes Entertainment erwartet und Dunkelgrubenlampenkälteromantik inkl. Stepaerobic-Session für € 24,- pro Person bekommen…

Nicht, dass die Höhle nicht schön wäre, nicht, dass ich dieses Naturwunder nicht zu schätzen weiß, ich hatte mich auf etwas vollkommen Anderes eingestellt und nicht erhalten… SCHADE…

Liebe Betreiber der Eisriesenwelt: Ich will Glanz und Gloria, ich will Leuchten, Inszenierung und Pomp! Ich will Zeit haben, mir diese kalt-funkelnde Welt anzusehen, ich will diesen Aufenthalt genießen und kein Fitnessprogramm absolvieren. Ich will unterhalten werden! So war ich fadisiert… Ihr habt euch so viel Mühe mit der Anreise zur Höhle gegeben, nutzt die tolle Landschaft rund um das Bergmassiv aus, ich brauche ein Highlight am Ende der Wanderung!

Einen Vorteil hatte die nicht erfüllte Erwartungshaltung jedoch… Ich aß im Anschluss das weltbeste Cordon Bleu und war dann wieder glücklich… Glück gehabt, Eisriesen… 😊